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von Nord nach Süd

Bei meiner diesjährigen Fahrradtour vom nördlichsten zum südlichsten Punkt Deutschlands lagen in der Nähe vom Start- und Zielpunkt zwei Urlaubsorte meiner Kindheit: St. Peter Ording & Wertach. Wie einige von euch wissen, war dieses Jahr, bedingt durch zwei schwere Verluste, für mich und meine Familie nicht so leicht, da bot es sich an, vor und nach der Tour gemeinsam mit meinem Dad & Elea auf Familienspuren zu wandeln.

 

Am ersten Tag verabschiedete ich mich von meinen Liebsten und mein Weg führte mich von der Unterkunft zunächst nach Norden, zum nördlichsten Punkt auf dem deutschen Festland, wo ich die Tour dann offiziell begonnen habe.
Bei stetigem Gegenwind ging es entlang der Küste Richtung Süden. Und schon am ersten Abend gab es Verpflegungsprobleme (Pächterausfall und Ruhetage). Egal, in dem Kiosk gab es Salzstangen, von meinen sehr netten Zeltnachbarn eine Banane und vom Eismann ein leckeres Eis…

Der Gegenwind sollte mir übrigens auch die nächsten 3 Tage erhalten bleiben, so dass die 130km/Tag durchaus mehr Kampf bedurften, als gehofft (Steigungen waren ja noch kaum vorhanden).

 

Etappe 2 hatte zu Beginn des Tages 2 Fährfahrten, zunächst eine „Privatüberfahrt“ über den Nord-Ostsee-Kanal und anschließend über die Elbe (diese Fährfahrten sorgen auch für die 6km Diskrepanz zwischen Planung und tatsächlicher Routenlänge). Nach der zweiten Fährfahrt musste ich meine Routen zum ersten Mal anpassen, da die Hebebrücke über die Wischhafener Süderelbe nicht passierbar war. Abends kam ich gerade rechtzeitig am Zeltplatz an, um mein Zelt vor dem kurzen, aber heftigen Gewitter aufzubauen. 

 

Etappe 3 war nicht nur durch die Länge von 135km und den Wind besonders hart. Die letzten 15-20km durch Hannover haben mir im Speziellen zu schaffen gemacht, ständig bremsen, halten und neu anfahren ging reichlich in die Knochen. Der Zeltplatz selber war von reichlich Jugendlichen besucht, die sich freudig auf das „Heroes Festival“ vorbereiteten; zum Beispiel mit Flunkyball, wozu ich auch sofort eingeladen wurde (als „alter Mann“, der auch am nächsten Tag wieder 130km auf dem Rad geplant hatte, durfte man sogar mit „BmW“ oder reinem Wasser spielen). 

 

Ab Etappe 4 begannen dann die Höhenmeter so langsam zuzunehmen. Auch war ich an diesem Tag darauf eingestellt, dass es am Ziel eher nichts zu essen geben würde, also habe ich in Göttingen kurz eingekauft (Brötchen und Wurst), dann noch einen heftigen Regenschauer abgewartet um danach die letzten 20km zum Zeltplatz zu radeln. 
Dieser Platz verdient übrigens eine besondere Erwähnung: privat von den Campern geführt, obwohl diese alle in Wohnwagen logieren, wurde hier vorbildlich für Zelter und Radfahrer mitgedacht (Unterstand, USB-Ladestation, …).

Etappe 5 führte mich dann immer wieder entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze durch kleine Orte Richtung Süden, endlich bestes Fahrradwetter: blauer Himmel, nicht zu warm und nur leichter Wind. Beeindruckt hat mich auch der „Monte Kali“ Nahe Heringen (Werra), eine unglaublich große Salzhalde.
Mein Zelt habe ich am Familienhotel „Rhön Feeling“ aufgeschlagen und es gab ein großartiges Grillbuffet und (nachdem die Kinder alle im Bett waren) eine nette Gesprächsrunde mit 3 Motorradfahrern.

Etappe 6 war dann mit nur 104km ein kleiner „Entspannungstag“. Dieser hatte zwar einige harte Steigungen zu bieten und mal wieder längere Passagen Schotter (Schotter ist Scheiße! bergauf kein Grip, bergab kein Grip, zu viele Schlaglöcher…), aber auch gutes Wetter. Auf dem Zeltplatz habe ich einen weiteren Bike-Camper getroffen, der an diesem Tag mit dem E-Bike von Rothenburg (mein Ziel für den nächsten Tag) gestartet war. In unserem Gespräch erzählte er von seinen Touren in Tasmanien und Neuseeland, ich von meiner Tour um Deutschland). Zum ersten Mal verließ ich den Zeltplatz um etwas zu essen: knuspriges Hühnchen auf Reis bei einem netten Indonesier.

Ab Etappe 7 hatte ich nicht nur mit den Steigungen, sondern auch mit der zunehmenden Hitze zu kämpfen (über 30°C auf den letzten 4 Etappen). Den Bäcker, den ich ursprünglich bei der Planung der Tour herausgesucht hatte gab es nicht mehr, der nächste Bäcker hatte Betriebsferien und so gab es erst später, nach einem Umweg und etwas Frust Frühstück. Sonst verlief der Tag trotz der Hitze recht entspannt. Kurz vor Ende der Etappe kam mir ein Rennradfahrer mit Platten entgegen, auch wenn ich mich auf das Ende der Etappe und eine Dusche schon gefreut hatte, habe ich selbstverständlich geholfen (ich hatte natürlich Flickzeug und Luftpumpe dabei, auch wenn die Luftpumpe eher weniger den nötigen Druck hat). Er bestand darauf mir für meine Hilfe etwas zu geben und drückte mir €20 („für Bier und Fritten am Zeltplatz“) in die Hand, die ich zunächst nicht annehmen wollte, da er jedoch darauf bestand, einigten wir uns darauf, dass ich mir davon ein Bier gönne und €15,- für meine Spendenaktion verwende.
Auf dem Zeltplatz habe ich dann noch einen Neuseeländer kennengelernt, der von England aus eine 4-monatige Motorradreise durch Europa macht (u.a. MotoGP-Rennen, aber sonst viel Sightseeing). 

 

Etappe 8, die Königsetappe begann schon ab km 0 mit einem sehr knackigen 2km Anstieg vom Zeltplatz hoch in die Stadt (Rothenburg). Erneut hatte der Bäcker Betriebsferien, dieses Mal gab es jedoch genug Alternativen, außerdem musste ich noch Sonnencreme nachfüllen, dann ging es über 138 heiße, hügelige Kilometer weiter Richtung Süden. Kurz vor Ende (km 120 und km 126) dann noch 2 heftige Anstiege, der zweite zur Krönung auf Schotter, bevor ich dann zu einem schönen Zeltplatz am See kam. Ich hatte mich fast schon wieder auf ein Salzstangen Abendessen eingestellt, aber der Pizzadienst lieferte zum Glück auch zum Zeltplatz.

 

Etappe 9 führte dann stetig bergauf, jedoch ohne, dass es einzelne wirklich lange, harte Steigungen gab, dadurch wurde der Tag trotz der nach wie vor herrschenden Hitze relativ entspannt. Zum zweiten Mal auf der Tour erreichte ich den Zeltplatz gerade rechtzeitig um mein Zelt vor einem großen Gewitter aufzubauen und so nicht schrecklich nass zu werden.

Meine Abschlussetappe begann dann statt mit dem geplanten entspannten Frühstück nur mit Energie-Riegel (Feiertag in Bayern und Bäcker haben zu…) etwas anders als geplant. Auch eine Straßensperrung sorgte dafür, dass ich die Route der Etappe recht spontan anpassen musste. Dafür ging es dann – abgesehen von einer längeren Steigung (2km bei 3%) und reichlich Betrieb (meist Rennräder oder E-Biker) auf den Radwegen (Feiertag in Bayern) sehr gemütlich nach Oberstdorf, wo ich in unserer Unterkunft das meiste meines Gepäcks ließ, bevor es nach einer kurzen Pause zum Höhepunkt (1866m) meiner Tour ging.
Bei zunächst noch moderater Steigung ging es aus Oberstdorf Richtung Süden, bevor bei km 42 die erste Steigung (1,2km bei 4%) wartete und der Weg nach Südwesten abbog. Die abschließende Steigung wurde von Garmin mit 15km und 6% im Schnitt angegeben, aber das war nur die halbe Wahrheit, hinten raus wurde es steiler und steiler (8km bei 10% - 5km bei 13%) – Rampen von 20% und mehr, absolut hart, aber zum Glück (zu einem Großteil) asphaltiert, so dass ich tatsächlich bis ca. 3 km vor dem Ziel fahren konnte. 
Die letzten 3km wurden dann zu einer Wanderung - zum einen waren Räder verboten, zum anderen war hier nicht mal mehr daran zu denken das Rad zu schieben, geschweige denn zu fahren – und tragen wollte ich mein Rad wirklich nicht. Am südlichsten Punkt trifft man dann natürlich den ein oder anderen Wanderer, unterhält sich kurz und macht gegenseitige Fotos. Allerdings habe ich auch einen Radfahrer (an diesem Punkt natürlich ebenfalls zu Fuß) getroffen, der gerade den ersten Punkt seiner Reise vom südlichsten zum nördlichsten Punkt Deutschlands erreicht hatte (wie wahrscheinlich ist es, dass man so jemanden trifft?) – als er hört, dass ich meine Reise an diesem Punkt bereits erfolgreich beendet habe (dies habe ich eigentlich jemand anderem erzählt), drückt er mir spontan eins seiner Biere in die Hand (was er mühsam im Rucksack den Berg hochgetragen hatte).
Nach einer rasanten Abfahrt zurück nach Oberstdorf und einer Dusche ging es dann in die Stadt. Leider haben es Elea und mein Dad nicht rechtzeitig zu meinem Zieleinlauf geschafft, so dass ich zunächst noch alleine Essen war.
Im Biergarten haben wir dann aber gemeinsam auf die Tour anstoßen können.

Nach der Tour gab es dann noch ein paar gemeinsame Tage im Allgäu. Zunächst in Oberstdorf mit einer Wanderung an der Breitach-Klamm und einer Wanderung auf dem Nebelhorn (dies hat seinem Namen alle Ehre gemacht, Sicht war ca. 10m) und dann (der Familientradition folgend) in Wertach, mit vielen, vielen Erinnerungen und einer Wanderung (bei teilweise strömendem Regen) um den Grüntensee.

ein paar Zahlen zu der Tour

  • Distanz: 1176 Kilometer

  • 7360 Höhenmeter

  • Zeit im Sattel: 61Std 40min

  • durchschnittliche Geschwindigkeit: 19,1 km/h

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